Zahnärztliche Protestaktion „Mund auf“

In den kommenden Tagen protestieren die Zahnarztpraxen in Baden-Württemberg gegen die immer schlechter werdenden Rahmenbedingungen in der Zahnmedizin.

Schon jetzt merken Sie als Patienten, dass es oft schwierig ist, zeitnah einen Arzttermin zu bekommen. Auch für neu zugezogene Mitbürger ist es sehr mühsam, einen neuen Hauszahnarzt zu finden. Und diese Schwierigkeit wird zunehmen, wenn es nicht bald wieder attraktiver wird, sich als Arzt oder Zahnarzt selbständig zu machen. Denn ältere Kolleginnen und Kollegen schließen ihre Praxen oft ohne einen Nachfolger.

Was sind denn die Hauptursachen dafür?

1. Ausufernde Bürokratie: Trotz gegenteiliger Lippenbekenntnisse der Politik nimmt der Zeitaufwand für Verwaltungsaufgaben in den Praxen drastisch zu, in den letzten Jahren nach statistischen Erhebungen um etwa 24 Stunden pro Woche! Da ist zunächst die sehr detaillierte Dokumentation der Behandlungen, die ja noch in weiten Bereichen sinnvoll ist; darüber hinaus müssen aber auch Wasserqualität, Kühlschranktemperatur, jeder Handgriff im Desinfektions- und Sterilisationsprozesses, jedes verwendete Material täglich gegebenenfalls sogar mehrfach schriftlich niedergelegt werden. Arbeitsrecht, Datenschutz und Telematik tun das ihrige dazu. Und die Anforderungen werden ständig umfangreicher. Stellen Sie sich vor, wir könnten den ganzen Zeitaufwand in Ihre Behandlung investieren?

2. Unzureichende Honorarentwicklung: Die Kassen(zahn)medizin wurde im 19. Jahrhundert eingeführt, damit auch sozial schwache Bürger ein Mindestmaß an medizinischer Versorgung erhalten und so ihre Arbeits- bzw. Waffenfähigkeit wiedererlangen konnten. Im Laufe der Zeit wurde sie zur Pflichtversicherung aller Nicht-Selbständigen, so dass heute ein Großteil der Bevölkerung "gesetzlich versichert" ist. Die Gebühren im Kassenbereich sind nicht betriebswirtschaftlich kalkuliert, sondern lediglich sozialverträglich für eine „ausreichende“ Behandlung von der Politik festgelegt. Zumindest werden die Honorarsätze jedes Jahr neu verhandelt und angepasst. Ganz im Gegensatz dazu die private Gebührenordnung GOZ: Hier wurde seit ihrer Einführung im Jahr 1988 keinerlei Preisanpassung mehr durchgeführt, auch nicht bei der Novellierung 2012. Eine Untersuchung oder eine Füllung bringt der Praxis also heute noch das gleiche Honorar wie vor 36 Jahren! Erinnern sich noch an Ihr Gehalt vor 10 oder 20 Jahren? Zu diesen veralteten Preisen sollen Zahnärzte heute moderne, serviceorientierte Zahnmedizin erbringen! Dieses Missverhältnis sorgt wiederum dafür, dass wir jeden Tag mit Kassen- und Privatpatienten unzählige Honorarvereinbarungen schriftlich treffen müssen, um auf unser notwendiges Honorar zu kommen. Auch das kostet wieder so viel Zeit, die für die Behandlung viel sinnvoller eingesetzt werden könnte! Außerdem erstatten viele Krankenversicherungen lediglich nach diesen veralteten Gebührensätzen. So bleibt für Sie oft eine Lücke zwischen dem Rechnungsbetrag und dem, was Ihnen die Krankenkasse erstattet.

3. Budgetierung: Hier kommt der - gerade auch für die Kassenpatienten - schmerzlichste Punkt. Unter Budgetierung versteht man, dass jedem Zahnarzt mit Kassenzulassung jährlich eine bestimmte Summe X zur Behandlung der Patienten bereitgestellt wird. Behandelt der Zahnarzt weniger, bekommt er "natürlich" nur das, was er auch behandelt hat. Behandelt der Zahnarzt mehr, bekommt er aber für die Leistungen, die über das Budget hinausgehen, kein Geld. Das heißt, er bekommt für seine Arbeit keinen Lohn, darf aber noch seine Praxiskosten wie Material, Strom, Wasser und Gehälter bezahlen. Diese Budgetierung gab es bis 2019. Für die Corona-Zeit wurde sie ausgesetzt. In der Zeit der Aussetzung stiegen die Ausgaben in der GKV für den Bereich Zahnmedizin nicht an, obwohl es keine Obergrenze mehr gab. Trotzdem fühlte sich unsere Regierung genötigt, die Budgetierung ab 2023 wieder einzuführen. Die Folge davon wird sein, dass Sie als Kassenpatienten länger auf Termine für Ihre notwendigen Untersuchungen und Behandlungen warten müssen. Sie sehen, Ihre zahnmedizinische Versorgung ist durch die Gesundheitspolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte akut gefährdet. Unterstützen Sie unseren Protest und sprechen Sie Ihre Politiker vor Ort, in Stuttgart und in Berlin auf diese Situation an.

Machen Sie mit uns den „Mund auf“, damit wir alle in Zukunft noch gut Lachen haben!

Ihre Dr. Vera und Dr. Holger Hüttemann mit dem Praxisteam

Weitere Infos unter www.kzvbw.de/zahnaerztliche-versorgung-akut-bedroht

 

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